helen's hunting

Die großen und kleinen Gedanken und Abenteuer der Helen H. in der Heimat oder in der Ferne...

Mittwoch, Dezember 28, 2005

Schöne Grüße aus dem Nirgendwo!

Tatsächlich bin ich mittlerweile dort angekommen, wo ich eigentlich schon viel früher hätte ankommen sollen… in Punta Allen, nun mit (fast) festem Wohnsitz. Statt wie ursprünglich erwartet und geplant in dem alten Haus der Fischereigenossenschaft zu wohnen, durfte ich freundlicherweise bei Christina und ihrem Mann Alex meine Hängematte aufhängen. Mit ihnen und ihren 10 Hunden teile ich nun das Haus – und das Leben. Denn ich wurde gleich vollkommen in das familiäre Leben integriert. Das war zwar nach meinem Leben als Quasi-Eremit in FCP ein krasser Wechsel, aber ich habe festgestellt, dass ich verdammt anpassungsfähig bin. Ursprünglich war das auch nur als vorübergehende Lösung gedacht, aber da Chris mich in ihr großes Herz (ich sag nur 10 Hunde, 2 Schildkröten, eine Tochter und ein Mann…;-)) geschlossen hat und ich mich hier sehr wohl fühle, beschlossen wir, dass ich bleibe.

Und so kam ich in den Genuss, mit ihr und allen möglichen Verwandten Weihnachten zu feiern – am 23. wurde angefangen, Essen vorzubereiten, am 24. ging es weiter (während all der Vorbereitungen lief ich hin und her, suchte Touristen, die ich befragen könnte, kam wieder heim, schnipselte Karotten, Kartoffeln, Sellerie(ja, auch hier gibt es dieses leckere gemüse;-)) guckte bei der Truthahnpräparation zu, verteilte weihnachtliche Dekoration wie bspw Riesenmuscheln mit Weihnachtssterngestecken, half beim Lichter aufhängen, usw. …) Um 21 Uhr sollte das Fest dann losgehen, klar, die Leute kamen erst gegen Mitternacht..
Dann wurden Geschenke verteilt: die Männer beschenken Frauen, die Frauen wiederum Männer, wer wen beschenkt wird einige Zeit vorher ausgelost. Allein das war schon ein Spektakel…. Danach kam das Buffet, darauf dann Tanz und weiterer Klamauk. Bis um 4 h die Lichter ausgingen. (In Punta Allen ist das allerdings sehr wörtlich zu nehmen, denn Strom gibt es normalerweise nur von 10h morgens bis 1h abends.)

War ein lustiges Fest, auch wenn es für mich sehr gewöhnungsbedürftig ist, zum Tanzen aufgefordert zu werden und dann tatsächlich nur mit dieser einen Person zu tanzen. Man kann ja auch schlecht nein sagen, ohne jemanden persönlich zu beleidigen, und dann steht man da auf der Tanzfläche und, na ja, muss zu all dieser wundervollen Musik tanzen. Hm. Und man kann ja auch nicht einfach so wieder von der Tanzfläche verschwinden, sein Gegenüber quasi stehen lassend... Nun, ein kompliziertes Thema, das noch viel komplizierter dadurch wird, dass ich nicht einfach von Anfang an behauptet habe, ich wäre verheiratet.

Prinzipiell unterhalte ich mich ja eh lieber mit Männern, die vergeben sind, da ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass es zu sagen wir: „Missverständnissen“ kommt. Aber hier ist das wirklich krass – wenn ich mir denn mal wieder sicherheitshalber einen Ehemann gesucht habe, um ihn auszufragen über Fischerei oder Tourismus oder was auch immer, kam tatsächlich des öfteren schon der Kommentar „Wieso unterhältst du dich mit ihm? Er ist verheiratet, ich hingegen bin Single!!“ Soviel mal zum Thema: andere Länder, andere Sitten.

Um auf das Thema Weihnachten zurückzukommen: das große Fressen dauerte dann tatsächlich bis zum 26. abends an… unglaublich! Und: das traditionelle Katerfrühstück am 25. mehr oder weniger morgens ist: panza con chile. Ich machte sicherheitshalber nur ein Foto aus der Ferne und blieb beim Resteessen… Nach der Verköstigung aller wurde erstmal geputzt, dann wurde ein wenig Karaoke gesungen, daraufhin die „piñata“ gekillt: eines dieser monströsen Pappmachéegebilde von denen ich euch schon erzählt hatte. Die werden mit Süßigkeiten gefüllt, an einem Seil an einem Balken an der Decke befestigt, so dass man das ganze schön nach der Seilzugtechnik auf und ab bewegen kann, und unter lautem Gesang wird so lang von Kindern (bzw. Frauen, Männern)darauf eingehauen, bis das Teil platzt und alle mit großem Geschrei sich auf die Zahnzieher stürzen. (Footballfeeling;-) Ich bin fest davon überzeugt, dass das Ganze von der zahnärztlichen Vereinigung Mexikos erfunden wurde… Autsch! Nach diesem event ging es weiter mit Karaoke, Tanz und einigen Bierchen. Wahlweise natürlich immer Tequila. Aber ihr werdet´s nicht glauben: ich habe bis jetzt noch kein einziges Mal Tequila getrunken. Hm.

Nun ja, am 25. also weiterfeiern. Am 26. weiter essen und die letzte Reinigung.
Und heute war gleich mal die Einweihung einer neuen Bar. Na, was heißt: neuen Bar. Der einzigen Bar, die auch abends offen ist, hier in diesem beschaulichen Örtchen;-) Ich habe das Gefühl, dass ich an recht feierfreudige Leute geraten bin. Aber wie gesagt, es ist mal eine nette Abwechslung nach meiner „FCP-Klausur“…

Und: nicht dass ihr denkt, ich läge jeden Tag am Strand. Das ist schliesslich was für Touris;-) Die Einheimischen sehen das Meer eher als Arbeitsgrundlage: Langusten rausholen, Fliegenfischen, Touris rumfahren und das wars. Die Leute hier gehen nicht an den Strand. Nicht zum Vergnügen. Nicht mal die Kinder. Seltsam ist das. Aber o.k., man gewöhnt sich dran. Und ich hab ja eh keine Zeit dazu. Meist lauf ich nämlich den ganzen Tag von einem Ende des Dorfes zum anderen auf der Suche nach potentieleln Interviewpartnern. Ist aber gar nicht so leicht, denn selbst die Dorfältesten sind immer mit diesem und jenem beschäftigt, oder eben einfach nicht aufzufinden. Und so verbringt man eben auch hier die meiste Zeit damit, die Leute zu suchen bzw. auf sie zu warten… immer wieder auch: vergeblich.
Na ja. Mexikanischer Forscheralltag halt. Manchmal ist das schwer zu ertragen, aber wie gesagt, ich bin ja glücklicherweise mehr oder weniger anpassungsfähig… und es ist auch nur manchmal so, dass man einfach denkt: "ich hab verflucht nochmal keinen Bock mehr auf den Sch***" und es gibt eben auch erfolgreiche Tage, an denen man es glatt schafft 2 Personen zu interviewen! Phänomenal, wie heute zum Beispiel, hehe.